Liebe Lesergemeinde, nach Exaudi doch noch Himmelfahrt als Kolumne aus einem Buch nachgereicht, das meine Frau und ich zusammengestellt haben, nachdem wir Thüringen verlassen haben und am Südostrand Berlins Platz genommen haben für unseren Ruhestand, den wir hoffentlich verdient haben. Diese Kolumnen wurden geschrieben in einer Zeit, als wir voller Hoffnung waren, dass viele Menschen den Weg zurückfänden in die geistliche und geistige Heimat ihrer Mütter und Väter, nachdem sie im Machtbereich des Kommunismus verlernt hatten, nach Gott zu fragen oder wenigstens an ihm zu zweifeln. Es war Gewohnheit geworden, nicht mehr zu wissen, woher wir kommen. Es war Gewohnheit geworden, nicht mehr zu fragen, wohin wir gehen. Der Kommunismus war allwissend und wahr. Es war ja alles geklärt. – Die Jahre nach 1989 waren Aufbruchsjahre. Gewissermaßen konterkarierten sie die allgemeine Lähmung im Westen. Das Buch heißt PREDIGEN AUF DEM MARKT. An der Kolumnen-Reihe wurden später Christen und Christinnen beteiligt, die entdeckt haben, wie hungrig Menschen nach der Wahrheit des Evangeliums sind. – Man muss sich nur die Zeit nehmen und ein Stück mit ihnen gehen. Dann merkt man es. Die Aufsätze wurden geschrieben für den ALTENBURGER ANZEIGER, eine Gründungsinitiative der Friedlichen Revolution im Herbst 89 u.a. mit Ingo Schulze. In diesem Buch ist der Verfasser der Pfarrer an der Brüderkirche Altenburg/Th. Das bin ich und bedanke mich für Ihr Interesse. Sie können das Buch aufrufen und kaufen in jeder guten Buchhandlung und in allen Portalen.

Himmelfahrt

Das schönste Himmelfahrtsfest habe ich vor drei Jahren in der Nähe von Bamberg erlebt. Ich wohnte in einem fränkischen Gasthof, nebenan die Kirche.

Um 6 Uhr früh läuteten zum ersten Mal die Glocken. Ich habe mich nicht beschwert, sondern war neugierig und habe zum Fenster hinausgesehen auf die Straße. Die Leute strömten! – Um 8 Uhr habe ich mich anstecken lassen, als die Glocken wieder läuteten. Die Kirche war wieder voll. So ging das noch dreimal. Das Schönste: die Leute wanderten auch alle, wie wir in Altenburg und Umgebung. Die Gaststätten waren ebenso rappelvoll wie unsere Landgasthäuser auch im Altenburger Land. Aber eben die Kirchen auch – und es waren immer die gleichen Leute, und keiner saß allein und keine Bierleichen, auch unterwegs nicht. – Heile Welt, dachte ich, Gaststätten sind das, was sie sind: Sie haben viele Besucher und Gäste, die Gemeinschaft suchen, wie auch in den Kirchen, zwei Seiten derselben Medaille. Es war ein toller Honky-Tonk, tolle Touren. Kneipe sagen sie dort nicht, eher Schenke. Höchstens 200 km von uns entfernt! – Himmelfahrt wird gefeiert in den Städten und Dörfern auch im Altenburger Land. Viele Kirche und Gaststätten, die zu unterschiedlichen Zeiten geöffnet haben, um Nahrung zu geben für Himmel und Erde.- Ich freue mich schon auf die Wanderung nach Kürbitz-Kosma, zum bayerischen Feldkreuz, an dem wir um 17 Uhr Gottesdienst feiern. A l l e können kommen, das Feld ist weit. Die Posaunen rufen. Hinterher kann es weitergehen nach Hause oder weiter in den Abend.

„Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden!“

Pilgern

Liebe Mitarbeiter an der Brüderkirche in der Evang.-Luth. Kirchgemeinde Altenburg, liebe Freunde der Altenburger Akademie und der Offenen Stadtkirchenarbeit! – Aus naheliegenden Gründen möchte ich Ihnen ein gnadenreiches Jahr des HERRN wünschen unter den Bedingungen des Apostel Jakobus. – Sie wissen inzwischen, wer dieser Apostel war ? Sie haben zumindest den Namen schon einmal gehört ? Wenn nicht aus der Bibel, dann über eine wieder modern gewordene Lebenspraxis…. Ich meine diesmal mit „Mode“ mit einer wieder modern gewordenen Lebensform – eine Form des Wanderns. Das PILGERN. Der berühmteste Wanderweg für Menschen, die das lieber Pilgern nennen möchten, ist der Jakobsweg quer durch Europa nach Spanien und Portugal. Auch Altenburger und Altenburgerinnen sind diesen Weg schon gegangen. In Santiago de Compostela ist das Ziel. Die Gebeine des Jakobus sind dorthin auf merkwürdige Weise durch Europa getragen und schließlich in einer Kirche „aufgehoben“ worden. Ein paar Monate müssen einkalkuliert werden für d e n Pilgerweg. Ich bin mir sicher: auch dieses Jahr haben sich viele Menschen vorgenommen, ihn zu gehen, um „mit den Füßen zu beten“. Sie wollen unterwegs sein. Sie wollen sich finden. Vielleicht erfüllen sie so gute Vorsätze – auf diese Weise. Sie wollen mit sich und der Welt ins Reine kommen – und mit Gott. Vielleicht legen sie das berühmte Wort des Jakobus für sich so aus, dass sie auf Wanderschaft für Gott, für sich selber gehen, um zu erfahren: Alles, was wir tun im Neuen Jahr, an welchem Ort auch immer, in welcher Mission auch immer, in welcher Sache auch immer, nur so: SO GOTT WILL UND WIR LEBEN, WERDEN WIR DIESES UND JENES TUN IM NAMEN DES HERRN. Aus dieser Erfahrung ist das lateinische geflügelte Wort geworden: SUB CONDITIONE JACOBIAE – UNTER DEN BEDINGUNGEN DES JAKOBUS (s.o.). – Diesen kleinen aber um so wesentlicheren Vorbehalt zu erfahren und zu erkennen, machen sich noch heute unendlich viele auf den WEG. – Das Verstehen des Lebens als einer einzigen Wanderschaft zu Gott hin hilft, die Dinge gelassen zu sehen, wo wir Hektik verbreiten. Hilft, Wege zu finden in Zeit und Ewigkeit, in der Angst und in der Freiheit. Damit sie zum Netzwerk Gottes werden, das uns hält. – Übrigens: bei aller Relativierung – eines steht fest: Die Nahrung und die Einkehr unterwegs nach Jerusalem, nach Rom, nach Compostela. Die Nahrung ist das Wort Gottes und die Gemeinschaft der Glaubenden, die mit uns wandern, wenn sie am Abend heimkehren und das Mahl des HERRN feiern und sich ihrer Taufe erinnern. – Dieses Jahr in Jerusalem? In Rom? In Compostela? Vielleicht. – Aber am wichtigsten ist es, hier bei uns Einkehr zu halten , bei sich selber anzukommen – und bei Gott. Wer Compostela dazu braucht, soll es tun. Unter den Bedingungen des Jakobus! Amen

Nimm und lies.
Ökumene

2012 Griechenland, Mariapolis, Athos. Mittelmeer. Auf halber Höhe.

Veröffentlicht von famwohlfarthtonlinede

Jahrgang 44 Lieblingsbeschäftigung:Schreiben und Predigen.Sehnsuchtsort Ostsee. Wohnort Berlin, Heimat Thüringen. Wenn Du mir schreiben willst, bitte über michael.wohlfarth@t-online.de; https://kaparkona.blog; michael-wohlfarth.jimdo.com; michaelwohlfarth.wordpress.com

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