Am ersten Sonntag im Herbst 24
Wenn ich in Israel gereist bin, habe ich immer gehört: die christliche Welt. Damit meinte der israelische Lotse die Welt aus der wir kamen, die Christliche Welt. Ja, diese unsere Welt ist durch das Christentum das geworden, was sie ist mit ihren Idealen:Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Das sind die leuchtenden Begriffe dieser Welt, Europas. Hoffentlich nicht nur Leucht – Reclame, sondern wirklich die Kraft und die Stärke derjenigen, die getauft sind und versuchen ihren Glauben zu leben, um danach die Welt, ihre Welt, ihre Beziehungen zu gestalten.
In unserem für heute vorgeschlagenen Predigttext lesen wir:
Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt (damit) Christus angezogen (wie ein Taufkleid).
Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau;denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.
Gehört ihr aber Christus an, so seid ihr ja Abrahams Kinder und nach der Verheißung Erben.
1.Da bin ich gleich wieder im Bus, der durch Israel fährt und höre Chanan (Hans), der überlebt hat in einer holländischen Familie, als Nazi-Deutschland Holland besetzt hat.
Christliche Welt.
Die Welt auch Abrahams.
Denn wir sind ja auch Abrahams Kinder, wie die Juden und Muslime.
Ja – und dann ist auch die Welt Israels nicht unchristlich.
Bestimmt nicht, weil wir deswegen ja dort sind.
Wegen dem Christus, auf den ich getauft worden bin von meinem Vater im Fronturlaub im damaligen Landsberg an der Warthe in der brandenburgischen Neumark. Im Wohnzimmer meiner Großeltern mit Wasser aus der Silberschale, die jetzt auf der Kommode steht zu Hause bei uns hier in Müggelheim in der Philipp-Jacob-Rauch-Strasse.
Jüdisch-Christliche Tradition.
Wir warten, dass ER wiederkommt. Unsere jüdischen Brüder und Schwestern warten, dass ER kommt. DER MESSIAS.
Wir warten nach der Schrift. Wir warten nach der Verheißung.
Nach der Verheißung, nach der Zukunft: Als Erben sogar, als Erben des Reiches Gottes. Als Söhne und Töchter Gottes in Christus.
Reich Gottes, welches schon hier beginnt, wenn wir uns als Brüder und Schwestern nahe sind und aus einem Kelche trinken, von einem Brot essen, dem Brot des Lebens. Die familia DEI, die Familie Gottes s i n d.
2. Warum betont Paulus zum Schluss seines 3. Kapitels im Galaterbrief in den Versen 26 – 29 so vehement (noch einmal lesen s.o.- je nach Situation) die Einheit der Christen.
Die Ökumene?
So sehr?!
Die Einheit der Kirche, an die wir glauben in unserem Glaubensbekenntnis, auch in diesem Gottesdienst?
Und wo liegt denn eigentlich Galatien? Und wer sind die Galater?
Sie lebten in Zentral–Anatolien, in dem Gebiet der heutigen Türkei. Paulus war mehrmals in der Gegend rund um das heutige Ankara herum, Kleinasien. Zuerst ging er als gebürtiger Jude bei seinen Missionsreisen immer in die Synagogen und hat das Evangelium von Jesus dem Gekreuzigten und Auferstandenen dort gepredigt.
Mit Erfolg.
Die jüdischen Gemeinden waren im damaligen Sinne auch weltweit verstreut. Als Diaspora. Die Welt war multikulturell. Aber nicht nur Juden hat er getroffen, im Gegenteil; er war der sozusagen patentierte Heiden-Missionar und bekam durch die differenzierte Zusammensetzung der Gemeinden die Fragen Jude oder Heide, Mann oder Frau, welche Religion auch immer, Sklave oder Herr „auf den Tisch, die er beantworten musste. Menschen, die Verantwortung tragen müssen Fragen beantworten, sonst sind seine Gemeinden in Gefahr, die er begründet hat mit seinen Mitstreitern. Und er wird immer wieder die Begründung für seine Antworten mitliefern. Für seine Verantwortung: Eins in CHRISTO.
3. Im Einzelnen: Die bekehrten Juden meinten, ihre jüdischen Gebräuche seien heilsnotwendig auch wenn sie an Jesus Christus als Heiland der Welt, als Messias und Erlöser glaubten. Und die Heiden (Ethnes), also Nicht-Juden müssten diese Sitten mit annehmen und praktizieren wie sie. Und ihre Sitten und Gebräuche ablegen.
Kernthema: Beschneidung.
Paulus zu den bekehrten Heiden: Ihr müsst nicht mosaisch werden.
Paulus zu den Juden: Ihr sollt Juden bleiben, aber ihr dürft die anderen nicht nötigen, erst Juden zu werden, damit sie Christen werden können.
Abraham ist unser Kronzeuge. Er ist durch den Glauben ABRAM zu ABRAHAM geworden, zum Vater des Glaubens und ihm sind durch den G l a u b e n und nicht durch die Einhaltung irgendwelcher jüdischer Rituale die Verheißung, die Zukunft zuteil geworden, die auch unsere Verheißung und unsere Zukunft ist.
4. Wie schön wäre es, wenn auch wir in unseren Streitigkeiten zuerst das sehen, was uns verbindet und nicht das, was uns trennt. Im Gemeindekirchenrat, in den Konventen. In der Ökumene, wo orthodoxe, römische und protestantische Christen sich begegnen.
Wie schön wäre es, wenn wir unsere Traditionen und Denkschulen positiv einbrächten und nicht zu Grenzzäunen machen.
Sondern uns freuen, wenn uns „die andere Seite“ die Schönheit ihres Glaubens zeigen.
Wie schön wäre es, wenn der Glaube an den einen HERRN Vereinnahmungen ideologischer Art und Weise überflüssig macht.
Dann ist der Glaube an Jesus wirklich revolutionär, weil er den Grund legt nicht für die Gerechtigkeit für mich alleine, sondern für die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt.
Zur Freiheit für die tätige Liebe aus Glauben ruft er die Galater auf.
Ein zänkisches Bergvolk, keltischen Ursprungs,wie ein Ausleger bemerkt.
Schenke es Gott uns allen, dass unser Glaube an Jesus nicht erstickt wird in den Dornen des Alltags, sondern Früchte des Geistes tragen wird, die der Apostel zwei Kapitel weiter benennt:Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte. (Kapitel 5, 22).AMEN
Mit freundlichen Grüßen
Michael Wohlfarth