Liebe Leser meines Blogs, neulich hatte ich einen Termin an einem Sonntag: Gedächtniskirche Berlin, K Damm, 18.00 Uhr. Mal sehen wer predigt. Es war ein Motettengottesdienst mit Predigt von Kathrin Öxen, einer führenden Mitbewerberin im Wittenberger Internet-Predigt- Kreis.

Natülich hatte ich keinen Termin. Deswegen gehe ich lieber in eine Kirche, die jeden Sonntag offen hat. Sogar 10.00 Uhr oder auch abends. Oder wann. Das ist in meiner Heimatgemeinde so und auch am K Damm. CHOCHOSCHO.OKAY. GUT.

Es war kein trauriger Tag im November, an dem die Dichter reisen, womöglich aus dem sonnigen Süden ins rüde Berlin. Ich lasse mir das nicht traurig machen, wiewohl ich GENRICHA GENE liebe, wie auch Kleist und andere mehr. Deshalb vorher Kaffee – ROSTBRENNEREI Seitenstraße K Damm. Eine Tiefe.

Ein Quadrat. An dem sitz ich und bestell` russischen Zupfkuchen und einen italienischen Cafe. Kommt auch wirklich, wenn auch nicht schnell.

Es ist noch e i n Platz frei an dem Quadrat. Mir gegenüber. Mal sehen wer kommt.

Da kommt jemand.

Eine Frau mittleren Alters, die sich später als junge Großmuter entpuppt. Vier Kinder zur Welt gebracht hat und im Bundestag war, um über Corona und Folgen zu diskutieren. Mein Thema nicht. Weil ich immer noch davon ausgehe, dass jeder Arzt einen Schwur schwört, nicht wegen einer Verschwörungstheorie, sondern den des HYPOKRATES. Und wenn er Christ ist bittet er Gott um Hilfe bei jedem Patienten und jeder Patientin. Ich weiß von einem Chirurgen in Crimmitschau/Sachsen aus Erzählungen der Ureinwohner dort, der sich vor jeder Operation nicht gescheut hat zu knien und Gott um seinen Beistand zu bitten. Kurz: ein Arzt handelt in der Liebe des Schöpfers zu seinen Geschöpfen. Ich möchte davon ausgehen, dass das in der Pandemie auch so war und nicht der Pharmazieverkauf die Hauptrolle spielte. Wir sollten alle vielmehr davon ausgehen und dann allerdings auch um den Mut des Patienten bitten, der widerspricht, wenn es darauf ankommt. So war m.E. die Grundlage unserer Unterhaltung.

So ein rheinisches Kind aus Essen, wie sie mir später bestätigte: auch noch katholisch. Ja, Rheinland. Der Zug fuhr ab gegen ACHT. Bahnhof ZOO.

„Kann ich mitgehen vorher in die Motette?“

„Klar, gehen wir zusammen.“

Aber vorher ein Ereignis für jemanden, der BLOG schreibt, aber nicht so recht weiß ob das ankommt. Bei dem Stichwort BLOG sage ich: „Ich habe auch einen Blog“. Sie zückt das Handy und notiert den CODE https://kaparkona.blog.

„Der Blog hat auch noch einen Namen: Michael Wohlfarths Blog.“

„Ja, da kenne ich Sie.“

Ich bin baff. Sie aber auch. Berlin. Millionen. Auf einmal sitzt man sich gegenüber.

Als der Gottesdienst vorbei ist, verabschiede ich mich in diesem würdigen Rahmen der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche und laufe und steige auf meinen Bahnsteig Richtung Erkner. Die DREI. Sie kommt. Die S-Bahn.

Ich weiss nicht einmal mehr ihren Namen. Aber ich wünsche ihr alles Gute im Streit um den rechten Weg. Und Gesundheit an Leib, Seele und Geist. Wir waren sehr offen im Austausch. Und haben nichts ausgelassen. Die AfD nicht, die Pandemie nicht. Die Verschörungstheorien nicht. Kyrill nicht. Die Russen nicht. Den Kapitalismus nicht.

„Ein schöner Abschluss dieses Tages“, sagt sie. Sie ist besser in den Gesängen als ich.

Warum müssen wir uns gegenseitig immer so schlecht machen???!!!

Einen gesegneten Ewigkeitssonntag!

Ihr/Euer

Michael Wohlfarth

Aus PREDIGEN AUF DEM MARKT / epubli und Frommverlag, aufrufen unter: Alle Bücher von Michael Wohlfarth/ in Oberzeile Internet.

Diese Predigten sind Kollumnen bis auf wenige Ausnahmen, geschrieben für die erste unabhängige Wochenzeitung im Altenburger Land, gegründet von Ingo Schulze nach den Friedensgebeten in der Brüderkirche in Altenburg/Thüringen (Neunziger Jahre, letztes Jahrtausend, letztes Jahrhundert).

Totensonntag

Totensonntag,

November, Schauer,

Kränze liegen an der Mauer,

aber dann im Advent

ein Lichtlein brennt… –

Das ist der erste Vers eines Krippenspiels, das ich mit Christenlehre-Kindern

des Altenburger Landes in Thonhausen und Mannichswalde vor Jahren

„gedichtet“, gesungen und eingeübt habe. In den Zeiten des real-existierenden

Sozialismus. Das hat mir z.B. der Staatssicherheitsdienst chronologisch sehr schön festgehalten: Der Aufbau einer Kinderarbeit im Zeichen des Getauft-

Seins. Nachzulesen im Operativvorgang „Vermittler“. Christen besuchen mit Nicht-Christen die Friedhöfe und trauern. Das muß gelernt sein – Trauerarbeit.

Vergangenheit bewältigen. – Christen glauben vielleicht im Unterschied zu Nichtchristen (hier sind nicht die anderen Religionen gemeint), daß sie letztendlich nur Vergangenheit bewältigen können, trauern können und glauben, in der Liebe und in der Hoffnung zu Gott hin, der für sie einen Namen hat: Christus, der stärker ist als der Tod und Vergänglichkeit scheint. Christen glauben, dass sie es in der Beziehung gut haben, daß sie an den Gott des Himmels und der Erde glauben, an den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist, wie es in einem Gesangbuchvers heißt. Vielleicht bleibt dann auch noch Kraft zum Trost für andere ….. Wie wichtig ist das Erinnern. Gute Erinnerungen machen stark, sagt der Blutzeuge des christlichen Glaubens, nach dem eine Straße in Altenburg Nord benannt worden ist: Dietrich Bonhoeffer, der mit aufrechten preußischen Offizieren das Attentat gegen Hitler vorbereitet hat, weil er in ihm das Böse sah – und deshalb kurz vor Kriegsschluß aufgehängt worden ist von den Nazis. Wenn es ihn nicht gegeben hätte, hätte es vielleicht gar keine Kirche mehr gegeben in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands. Wenn es ihn und viele und viele anderem Zeugen des Glaubens nicht gegeben hätte. – Erinnerung ist Erlösung, sagt die jüdische Weisheit. Deswegen gehen die Menschen an die Gräber im Gedenken …. Deswegen spricht auch die Kirche nicht vom Totensonntag, sondern von Ewigkeitssonntag: im Angesicht des Todes werden wir gewiß, was wirklich von Dauer ist, was über uns und unser Leben hinausweist, was wirklich bedeutend ist, was uns Halt gibt und Hoffnung. – Was uns die Angst nimmt vor der Zukunft , was uns nicht fallen lässt, sondern stark macht für das Leben, was unsere Antwort ist und unsere Verantwortung. Und welche Fragen auftauchen und welche Zweifel…. Christen glauben, dass es kein „Friedhofsfrieden“ ist, der uns umfängt, wenn wir am Totensonntag zu den Gräbern gehen, sondern der Frieden Gottes, der höher ist als alle Vernunft. Wir sind Bewegte, wenn wir zurückkommen in den Alltag, den grauen Novemberalltag, und ergreifen das Licht des Advents, wie die Kinder, die jetzt dreißig sind oder deren Kinder wieder im oben zitierten Krippenspiel, was sie selber mitgeschrieben haben. – Ich wünsche allen einen gesegneten Sonntag, daß jeder den Trost empfängt, den er sich aufgemacht hat zu suchen.

Veröffentlicht von famwohlfarthtonlinede

Jahrgang 44 Lieblingsbeschäftigung:Schreiben und Predigen.Sehnsuchtsort Ostsee. Wohnort Berlin, Heimat Thüringen. Wenn Du mir schreiben willst, bitte über michael.wohlfarth@t-online.de; https://kaparkona.blog; michael-wohlfarth.jimdo.com; michaelwohlfarth.wordpress.com

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