Die Zeit in Frankreich.
1.
Diese Weiten.
Felder.
Ein Gehöft.
Zwei Gehöfte auf dem Rübenacker, dem Getreidefeld.
Riesengroß beschriftete Leinwände.
Museen, die den Krieg, den siegreichen, beschreiben und in Erinnerung rufen.
Für die müßigen Gäste.
Tack, tack, tack ; – jetzt spielen sie auf.
Ja, wer?
Sind das die Straßenmusikanten an den Straßenrändern, in den Straßengräben von früher in Deutschland, vielleicht auch in den Bäumen?
Ja, ja, da kommen sie, die Skelette von den Blousons derer, die sich am Leben messen.
Von den Bäumen auch herab.
Von den Humoristen im PKW herab, die eines mutigen Aufhängers bedürfen, keiner Riechnadel.
Das wollten sie nicht, diesen kleinen grünen Tannenbaum, der sein Industrieparfüm verströmt auf den Fahrer und seine Geliebte.
Das Kreuz?
Nein, das nicht.
Sie haben keine Angst vor dem Tod, sagen sie.
Herab von den Bäumen kommen sie, die Musikanten seit Jahrtausenden, als die Missionare sie noch anprangerten und den Königen die Botschaft der Auferstehung brachten.
Die Heiden.
Die Angst.
Blasmusik woher auch immer.
Warum auch immer.
Plötzlich.
Gegeneinander.
Miteinander.
Schräg und tolerant.
Bayern?
Böhmen?
Jericho bestimmt nicht!?
Barock.
Balkan.
Oder ist das die Einbildung. Spielt die Fantasie mir einen Streich.
Von Ferne ein Dorffest.
Des Dorfes Gewimmel.
Wie ein Osterspaziergang.
Tack, tack, tack, – jetzt spielen sie auf .
In den Kopfhörern.
Das ist der Balkantrip, der Tanz auf dem Vulkan, wo es keine Vulkane gibt, aber andere Grausamkeiten.
Das ist er, der Balkanjazz, der schmissige, den jeder gut findet. Er ist Mode. Jede tanzt danach.
Und dreht sich voller Absichten vor aller Augen mit Waffen, die nur sie kennt.
Und wälzt sich danach im Heu.
Ja, ja, das ist es.
Balkan.
Verbotene Spiele auf dem Bürgersteig.
Kreis schlagen. Einheimsen.
Davonjagen.
„Die Polizei!“
„Die Polizei!“ – rufen die Verdächtigen.
Süd-Ost Berlin.
Westberlin.
Alexanderplatz.
immer noch – und gerade auf den Straßen in den Westen?
Ja, jetzt hören wir ihn alle ganz deutlich.
Den Sound.
Er beschleunigt den Bus auf der Straße in die Metropole, die schönste Stadt der Welt.
„Lassen Sie jetzt bitte den Balkan in Ruhe“, sagt eine Dame neben uns.
Nur der Gang im Luxusbus mit den 5 Sternen der Liebe trennt uns.
„Jetzt fahren wir nach Paris – in die Kombüse am Nordrand, wo es billig genug ist zum Übernachten für 5 Tage. Dann ist das Spiel zu Ende“, ergänzt ein grauhaariger Herr in solo.

2.
Plötzlich trommelte es an die Busfenster.
Fäuste.
„Avanti!“
„Avanti!“
„Guernica!“
„Guernica!“
Der Busfahrer beugt sich über das Lenkrad: Kugeln flogen über ihn dahin von allen Seiten.
Wir zogen die Köpfe ein. Als ob wir in einem Flugzeug saßen und es droht Gefahr:
Beine zusammenpressen.
Die Lehne des Vordermannes, der Frau, schützt.
So ging das eine Stunde.
Wie konnte der Busfahrer sehen.
Aber er sah.
Wer führte ihn.
Wer war der Souffleur.
Vielleicht der Beifahrer, der auf dem Boden lag und zwei Einschußlöcher einer früheren Fahrt nutzte. Jedenfalls den Kurs von unten sozusagen dirigierte, den Straßenverlauf nicht verfehlte
und aus den Augen verlor.
Niemand kam von der Straße ab.
Die Fahrgäste in ungefährer Sicherheit, wenn sie den Kopf nicht hoben.
„Wie von Geisterhänden des Waldes im Hochgebirge Graubünden wirst du getragen.“
„Davongetragen.“
Sind das die Gespenster der Vergangenheit.
„Wenn du dein Ohr auf die Schiene des Zuges legst, hörst du sie kommen, die Reiterscharen“, schreibt der große Dichter George Bernanos in einem seiner großartigsten Bücher.
Die Stunde war um und der Fahrer konnte sich wieder erheben und der Beifahrer stand auf und reckte sich.
Das war eine dunkle Geschichte am hellen Tag.
Und wir haben nichts gesehen.
Hoffentlich wiederholt sie sich nicht.

3.
Doch sie wiederholt sich.
Schlimmer.
Besser.
Endlich finden wir den Mut zur Selbstverteidigung und tricksen nicht herum mit den Einschußlöchern von vorgestern in unserem Gelben Wagen, damit wir nicht vom Weg abkommen, ob nun als Beifahrer oder als Fahrer. Oder als Gäste.
Wir kommen wieder und immer wieder in ein Gewitter.
Wir müssen uns darauf vorbereiten.
Unsere Schauspieler und Schauspielerinnen standen auf wie ein Mann, wie eine Frau und stupsten die Sitzengebliebenen an: den Clown, den Tänzer, den Sänger, der noch nicht begriffen hatte,
als es wieder losging.
Wo kramten sie die Schrotflinten her. Waren sie doch keine Attrappe, als sie ihre Indianertänze aufführten in der Höhle des Käthchens von Heilbronn. Oder war das alle Berechnung und kalkuliertes Abenteuer für die gelangweilten Gäste der Liebe in dem 5 – Sterne – Bus:
Die Kugeln flogen, aber sie trafen nicht. Die Geschichte bleibt dunkel.
Aber der helle Mittag.
Die Helle Mitte in Berlin-Marzahn-Hellersdorf lassen wir zurück.
Wir wissen es nicht.
Nicht, wo sich das Schicksal abspielt.
In welchen Köpfen.
In welchen Betten.
In welchen Verweigerungen.
In welchen Zusagen.
Es bleibt dunkel.
Und es ist gut so, sagt ein nachdenklicher Mitreisender, der gerade gekämpft hat.

4.
Es wiederholt sich nicht.Scheinbar haben die Angreifer begriffen, daß wir zum Widerstand bereit sind.
Wir kommen wohlbehalten im Norden von Paris an und suchen unsere Kombüse auf, in der wir übernachten können.Das sind Container, wie wir sie aus den Camps kennen in Berlin, wo Flüchtlinge untergebracht werden, bis sie ein zu Hause bekommen, in dem sie abwarten, ob ihr Asylantrag positiv beschieden wird.Sie können von dort aus Deutsch als Fremdsprache lernen, eine Schule besuchen oder sich vermitteln lassen.
Wir müssen das alles nicht.
Nein, wir haben Urlaub.
Wir haben frei.
Man wird uns führen.Zuerst in eine Restaurant, wo wir uns etwas zu essen kaufen sollen. Der Wirt wartet schon.Nicht nur auf die Gäste, sondern auch auf den Manager, der uns überreden wird, dies und das zu kaufen, was es überall gibt, aber eben auch hier.
Das ist eine Abmachung zwischen dem Veranstalter, dem Gastwirt und dem Warenverkäufer einer
großen Handelskette.Diese Abmachung senkt den Gesamtpreis der Fahrt.
So geht das mit der Werbung.
Aber niemand will mitmachen.
Besonders die Rostocker sind sehr renitent.Sie weigern sich auszusteigen und in das Restaurant zu gehen. Sie sagen, das ist doch nur eine Falle.
Alle werden von den Rostockern aufgefordert, nicht auszusteigen. Sie hätten das schon erlebt:
eine Halle ohne Ausgang oder mit Türen, die verschlossen waren.
Kaufen oder Einsperren das Motto.
Nur hier wären wir sicher.
So bleibt dem Manager nichts weiter übrig als zu telefonieren und sich sagen zu lassen,
was er nun tun soll. Er wird ungehalten. Aber wir bleiben. Im Bus.
Wir rufen wie auf dem Leipziger Ring: „Wir sind das Volk.“ – Da bekommt der Manager es mit der Angst zu tun und gibt dem Fahrer, der sich bis jetzt ganz schön raus gehalten hatte, ein Zeichen,
daß er zurück fahren soll in den Containerhof.
Die Strafe ist, daß wir dort alle aussteigen und der Fahrer sagt, jetzt gibt es kein verbilligtes Essen.
Der Vormittag sei gelaufen.
Was machen wir jetzt?
Ah, da machen sich welche auf zur Vorort-Bahn. Sie wollen mit der Bahn nun endlich nach Paris kommen in die Stadt der Scholaren, in die Stadt der Liebe.
So mutig sind wir nicht.
Wir tasten uns vor bis zum nächsten legendären Vorort-Straßencafé in der Nähe des Vorortbahnhofs.
Tausend Bilder, von denen neunhundertneunundneunzig mit Sicherheit gelöscht werden.
Immer wieder sind wir erschrocken über die Sensibilität der elektronischen -, die dann zu den Endlosschleifen führen in unseren Bildbetrachtungen auf dem Monitor. Wir können nie richtig umgehen mit den Multiplikationen, die als Verheißungen verkauft werden, bunt und schrill und uns erschlagen und erschrecken.
Also erst einmal tausend Bilder: ich sitze in der Veranda eines französischen Vorort-Cafés, sozusagen auf der Straße.
Gott sei Dank habe ich das Telefon dabei. Ein Handy. „Unentbehrlich“, sagt meine Frau: „Für den Zusammenhalt!“ Wir fliegen alle durch den Weltraum, aneinander gekettet mit diesem unsichtbaren Kabel der Erreichbarkeit.
„Also – ich habe den Vorortbahnhof gefunden.“
Pause.
„Du kannst nachkommen.“
Pause.
„Ich sitze hier gegenüber der und der Kreuzung, ah – den Dichternamen kann ich erkennen, nachdem die gegenüberliegende Straße benannt ist.“
Da ist sie auch schon. Sie kommt aus dem Dunkel des Viaduktes direkt auf mich zu. Ich sehe sie.
Sie mich nicht.

5.
Am Nachmittag endlich wieder im Bus.
Wir müssen nicht mit der Vorortbahn an die Seine fahren. Nicht zu Notre Dame. Auch nicht zum Platz der Republik, zu den Tuilerien, zum Garten de Luxembourg. Nein – wir werden gefahren.
Wir stehen nicht in einem deutschen finsteren Wald – sagen wir in der bayerischen Rhön – und müssen mitgenommen werden, bis uns endlich einer aufliest. Der Busfahrer eines Busses,
wo die Gäste müde zusammengesackt sind hinter den Sitzen ihrer Vordermänner – und Frauen.
Sie verstecken sich vielleicht und reden nicht miteinander, es sei denn sie lachen sehr laut,
damit sie nicht schon wieder schlafen müssen, die Leute aus dem Spreewald, nicht die Aufständischen aus der DDR – Hafenstadt Rostock, wie wir es hier erlebt haben. Eben.
Ob das gut war?
Wir erinnern uns sehr genau.
Es ist ja auch noch gar nicht lange her.
Wir sind zusammengeschweißt.
Eine Schicksalsgemeinschaft, entgegen aller Voraussagen, daß es kein Schicksal mehr geben wird. Nie.
Wir sind der Bus der Indifferenten und Ambivalenten. Das ist auch ein Schicksal.
Gerade durch unsere Unentschiedenheit wollten wir genau das verhindern: Schicksal. Volk. Familie.
Mit Gottes gnädiger Hilfe könnten wir es aber wieder werden. Aber nur dann.
Jetzt zu dem Platz, wo das Gefängnis stand, die Bastille, wo wir uns treffen mit den Mutigen, die selbständig ohne Gruppe voraus gefahren sind. Das waren auch nicht die Rostocker. Die hatten für diesen Tag schon ihr Pulver verschossen.Und saßen nun brav aber froh auf ihren Sitzen und ließen sich führen.Wir auch. Wir sind ja eigentlich aus Leipzig, jedenfalls aus der Nähe.
Jetzt stieg Madelaine zu. Unsere Führerin. Sie schwenkte ihren großen rosa Hut. Das war das Zeichen, wenn wir einmal nicht mehr wußten, wo wir waren. Oder wo sie war. Oder die anderen.
Immer auf den Hut achten, wie er geschwenkt wurde. „Du wirst ihn schon sehen in dem Gewühl“, tröstete mich der besonders freche Spreewälder mit viel Erfahrung im Genick mit diesen Offerten aus der Welt der Liebe und des Reisens quer durch Europa. Er war Rentner und wollte nicht ständig
seinen Garten an der Spree umgraben oder Ähnliches. Seine Frau bestärkte ihn darin.
Seine Machtworte hatten immer Wirkung.
Ich zanke mich mit meiner Frau, weil sie so unpünktlich ist und die Uhr vergißt, den Stellplatz und die Heimreise. Was sagt er?
„Nun ist aber wieder gut!“
„Schluß nun!“
Gut, daß es die einfachen Leute gibt.
Das Gute ist banal.
Nicht nur das Böse.
Also der Hut, der große Hut, der Hut mit Farbe. Pink. Rosa. Eigentlich ein Sonnenhut.
Im herrlichen Paris. Der schönsten Stadt der Welt. Die meisten Touristen.
Madeleine hat einen Vater, der ist Deutscher.
Sie ist eine Brückenbauerin.
Ein Pontifex.
Ihre Rede ist wie ein Fluß.
Wie die Seine persönlich.
Sie hat nichts zu verlieren.
Nur zu gewinnen.
Sie ist eine würdige und selbstbewußte Pariserin. Keine Libertinage und so weiter.
Konservativ links sicher. Sie hat uns in der Hand, wie alle Reiseführer in der ganzen Welt.
Ob Hannan in Haifa, oder der Wattführer vor Sylt. Denn das Wasser kommt und der Wurm ist weg, wenn du nicht aufpaßt.

6.
Paris – ein Zeitfenster.
Wie waren wir in den Bus geraten. Was war das für eine Passion?
Was ist uns da in ’s Haus geflattert.
Viele Herzen auf einem Stück Papier, das meistens weggeworfen wird. In einer zornigen Faust zerknüllt wird: Reklame.
Diesmal nicht. Jede/Jeder hat uns abgeraten. Betrug. Werbereise. Wie viel hatten wir gehört von eingeschlafenen Busfahrern einer Rentnerfahrt. Und die Bögen, die Einzelnen, die an irgend welchen einsamen Ecken stehen und mitgenommen werden möchten. Die Um- und Umwege.
Das Gestrüpp vor der Spree – fast wurde das Wasser von dem winkenden Beifahrer übersehen.
Aber das ist ja noch ein komischer Aspekt. Diese stillen Wasser, man weiß nie, ob sie einen herunterziehen, wie in den Gedichten von Johann W. von Goethe: Halb sank er hin. Oder ob der weiße märkische Sand leuchtet und die Sache eigentlich nur ein Fußbad frei nach Kneipp bedeutet.
Diese stillen nördlichen Wasser. – Du weißt nicht, ob der Fluss ein Fluss ist oder ein See.
Das fasziniert dich so, daß du wie Kant auch bleiben möchtest.
Nein – mein Frau wollte.
Endlich Paris.
Also wir haben sie alle eingesammelt und wußten nicht, wer sie waren.
Wir sind ja auch eingesammelt worden nach einer schlimmen Fiktion.
Ohne die Fiktion sind wir zum ZOB Berlin, beim Funkturm, getigert mit dem Wagen; der springt von 30 km pro Stunde zur Höchstgeschwindigkeit, um das GRÜN nicht zu verpassen.
Ah – gut, daß kein INTERNET im Spiel war.
Alles schön super Post, Papier.
Wie früher.
Wie früher.
Wie früher.
Aber wie man nach Karl-Marx-Stadt jetzt Chemnitz wieder, manche sagen Karl-Chemnitz-Stadt,fahren kann, um an einer einsamen Kreuzung zu schauen,
ob dort jemand steht?
Eigentlich drei.
Dann doch nur einer.
Wir schütteln die Köpfe und verstecken uns hinter den Lehnen.
Jetzt heißt es wieder Chemnitz.
Der große Kopf ist noch da.
Nicht wie der große Lenin im märkischen Sand.
Egal wie wir gekommen sind im Romanfieber des Terrors und der Selbst-Verteidigung oder durch die Einladung einer gut kalkulierenden Group.
Nach einem sehr eigenartigen HÖHLENERLEBNIS.
Nach den Ereignissen in einem finsteren Wald, den wir aufgesucht hatten nach einer Schießerei,
von der wir bis heute nicht wissen, ob sie uns gegolten hat. Doch. Sicher. Einschüchterung.
Alte und neue Seilschaften, zum Verwechseln ähnlich. Gemietete Bürgermeister, klassische Agenten. Zerrissenes Deutschland in Nord und Süd und West und Ost, Gott sei Dank in Europa,
wo es sich im Glückstaumel und in der Not der seelischen Verzweiflung austoben darf.
Die Spareinlagen sind hoch genug – für viele. Im Durchschnitt. Wir kamen nicht zu Hermann Hesse und konnten unsere Steckpferd nicht weiter reiten: Rote Wachskerzen am Baum, nichts da! NEON.
Wir werden das jetzt nicht wieder aufrollen.
Schlussstrich.
Also Paris. Normal. Mit Bus auf jeden Fall. Einem Liebesbus. Die Optionen bringen uns nur durcheinander. Jetzt geht der Bericht weiter.

7.
Sie führt uns eines Tag darauf auf den Tower.
Wir sehen das Neue Paris, jenseits des Eifelturmes,hinter der Seine.
Kühn.Dort wollen wir hin.
Verteidigung.
Verteidigung der Stadt gegenüber einer Übermacht.Die Freiheit winkt und stirbt in den Kugeln, weil Bismarcks Truppen immer näher rücken.
Wir fotografieren uns zu Tode.Kein Platz für ein Wort.
Ich verliere den Anschluß. Wo ist der Bus?
Ah-dort.
Die Gruppe trollt sich.
Da ist kein deutsches Maß. Kein Maßhalten.
Nur Kühnheit gegen den Himmel.
Die große Nation.
Auch wenn wir damals gesiegt haben.
Die Reaktionäre aus Preußen, um das Vaterland zu einigen.
Jetzt sind wir die Verlierer, die als Touristen gekommen sind, um die Stadt der Liebe auszukosten
bis zum Letzten. Daß ich nicht lache.Auf etwas fallen wir immer wieder herein.Auf die Werbung, auf das große Vergnügen, daß bei aller Billigkeit gar nicht stattfinden kann, weil es zu schnell geht.
Wie bei so genanntem schnellen Sex.
Ich glaube, die Pariser wüßten jetzt gar nicht, wovon wir reden oder gar träumen.
Die neue Stadt im Hintergrund.
Das mußt du gesehen haben.
Die Linien, die in den Himmel führen.
Die Schande von damals.
Auf den Gebeinen der Communarden wurde sie errichtet.
Die Niederlage hat sie beflügelt.
Die Verteidigung, diese riesige Frau, umgeben von Bajonetten und Kanonen ist gestorben und immer wieder auferstanden.

8.
Wie das Heilige Herz.
Sacre Coer.
Madeleine hat es mir gesteckt.
Dort wo sie Tag und Nacht die Messe lesen, Mont Matre, Sacre Coer.
Das andere Frankreich.
Nicht die Libertinage, sondern das Heilige Frankreich.
Schon im Garten de Luxembourg ihr großer rosaroter Hut und das Karussell des Rainer Maria Rilke.
Mit dem weißen Elefanten:“Dann und wann ein weißer Elefant…“
Sie wußte es nicht.
Jetzt auch hier an der Treppe zum SACRE COER.
Ist das die Kirche der Buße?
Weil es mit der Freiheit nicht geklappt hat.
Wenn Du nach Hause fährst in Deine Kombuese, den Container, im Norden der Stadt, in Deine Flüchtlingsunterkunft, Du Asylant…Schau nach Süden, schau zurück wie Lots Weib und du siehst auf dem Hügel Mont Martre die Kuppel wie sie glänzt – und Du beginnst zu fragen. Wärend die Silberflieger über dir zur Landung ansetzen.

9.
Längst sind wir wieder zu Hause.
Madeleine verlassen.
Es waren ja nur 5 volle Tage.
Nicht einmal und eine Nachtfahrt nach der anderen, wenn ich die Hinfahrt mitrechne.
Es war schlimm.
Um ein Haar wären wir in Frankreich geblieben.
Im goldenen Versaille, wo die Franzosen gedemütigt wurden.
So hat sie es einfühlsam, wie es nur Brückenbauer können, beschrieben.
Der Sonnenkönig,schon als Kind verfolgt, baute sich diesen Zufluchtsort. Gerade hier mußte sie, nicht Madelaine, sondern Margarete, meine Frau die Zeit und den Ort verpassen.
Sie schaute nicht auf die Uhr, wie verabredet, als wir uns trennten.Die Abfahrt war genau ausgemacht – nach Hause.Die Zeit auch.
Sollen wir mit der Eisenbahn fahren, der berühmten französischen.
„Nein!“
Wir sollen nicht.
„Wir warten!“, sagt Madeleine.
Die Gruppe nickt nicht.
Noch bleibt sie verhalten.
Die Reisegruppe, alle, die bereit waren zur Verteidigung, als sie angegriffen wurden.
Erinnern Sie sich: Als die Felder sich ausbreiteten wie in den Kolchosen Sowjetrußlands und in der DDR und den jetzigen Agrargenossenschaften in der post – DDR .
Diese fiktive Situation.
Oder dann:Als sie ausgebeutet werden sollten von den Händlern, die ein fetten Fang witterten.
Diese reale Situation.
Ein Rostocker Lehrer – Ehepaar nahm sich der Sache an und veröffentlichte diese Sache in der SUPERILLU.
Wir haben alle unterschrieben.
Oder sollten es wenigstens.
Mindestens gegenlesen, dazu hatte ich mich bereit erklärt.
Nichts kam.
Trotzdem sehr gut, es kam in der SUPERILLU.
Wir haben es gehört von Leuten, die sie gelesen haben, oder welche kannten, die sie abbonieren.
Madeleine war mutig.
Sie riskierte das Murren und überzieht:Jetzt ist es 12.15 Uhr.
Endlich kam sie angetrottet.
Margarete.Plötzlich stand sie neben mir, als ob es nicht gewesen wäre.
Schlechtes Ortsgedächtnis.
Kein Handy.
Wir konnten nicht anrufen.
Das ist eine Schande.
Uhr ja.
Aber die nutzt gar nichts, wenn man vergisst, wo der Ort ist.
Großes Gezänk im Bus, bis der Lausitzer Gärtner aus Sachsen oder Brandenburg zur Ruhe mahnt und zum Frieden.
So war das.
Unser Abgang aus den Lustgärten des vergoldeten Fankreich.
Einmalig.
Oh Gott, war mir das peinlich, gerade wollte ich einen Flirt beginnen, über Internet mich austauschen, wenn wir zurück sind: über die -wie immer- nur angerissenen Dinge, Frankreich und Deutschland betreffend.
Wir hatten ein Recht dazu – aus der Zone.

Heitereitei- Sommer mit Regen, Sonne und Frieden im Herzen wünscht
Michael Wohlfarth