Bitte erst den Vorgängerblock lesen mit allen Schriftstellen.
Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder,
das ist ein Brief der Freude, den ich da gelesen habe – wenn ich ihn ganz lese.
Alle 4 Kapitel.
Das Erstaunliche: er wird aus dem Gefängnis geschrieben: Und Paulus beschreibt die Freude, die in Christus Jesus gegeben ist.
Der erste Vers unseres Predigtkapitels ist:“Weiter, liebe Brüder: Freut euch in dem HERRN!“
Paulus erzählt – immer wieder – wie er zu der Freude im Glauben trotz aller Trübsale gekommen ist. Und wie er die Gesetze seiner Religion als berühmter Gesetzeslehrer gehalten und interpretiert hat und dabei zum Verfolger der Christen geworden ist, wie er Zeuge und Täter bei der ersten Steinigung eines Nachfolgers Jesu geworden ist.
Und erst durch die Begegnung mit dem HERRN sehend geworden ist für Jesus und seine Auferstehungsgemeinde. Wie er auch sein Nachfolger geworden ist. „Sein Follower…“ würden heute Jugendliche sagen.
Aus dem Verfolger ein Nachfolger. Eine 180 Grad-Wendung.
Der angesehene Gesetzeslehrer seines Volkes ist in die Nachfolge Christi getreten und schreibt jetzt aus dem Gefängnis Briefe der Freude.
Ganze Kapitel.
Verkündet die Botschaft, die er empfangen hat in der Begegnung mit Christus seinem HERRN. Ganz in der Tradition auch seines Volkes, der prophetischen Tradition, siehe den Text umseitig aus dem ersten Testament Gottes/Neues Testament/ JEREMIA 1, 1 – 4.
Er bittet seine Lieblingsgemeinde in Europa: „Bleibt in dieser CHARIS gleich Freude, bleibt in dieser GNADE GOTTES und verzettelt euch nicht in den Fragen der religiösen Bräuche. Verwechselt nicht Ursache und Wirkung in der Nachfolge Jesu. Sucht den Heiland der Welt, das HEIL in Christus und nicht darin, wer Recht hat. Wer den richtigen Glauben hat. Wenn Ihr auf den Gekreuzigten und Auferstandenen schaut, werdet ihr Wahrheit und Gerechtigkeit finden“.
„Könnt ihr in der Liebe bleiben!“
„Nicht durch Zynismus (cynos- der Hund), durch hündisches Verhalten, werdet Ihr untereinander klar kommen“.
„In Christus liegt die Erfüllung des Gesetzes!“, ruft er den multiethnischen Gemeinden zu.
Paulus möchte nicht den Rückfall in eine falsche Gesetzlichkeit erleben.
Er erinnert deshalb immer wieder an seine eigene Geschichte, wenn er wegen s e i n e r Verkündigung des Evangeliums angegriffen wird in der Auseinandersetzung, was wichtiger sei: die Einhaltung der rituellen Vorschriften oder der Glaube an Jesus Christus, den Auferstandenen, der Früchte trägt.
Er könnte sich gut auf seine Leistung berufen und sich darauf ausruhen, aber er tut es nicht, sondern schaut auf den HERRN und folgt ihm nach. – Ja, er geht noch weiter: „Alles was diesem meinem Glauben im Wege steht, halte ich ferne.“
Schlimmer noch:“ist Dreck!“ Wörtlich übersetzt Kot . In der Jugendsprache: Scheiße, wie heute oft zu hören ist. Ja, Paulus ist ein leideschaftlicher Christ geworden, so wie er vorher ein leidenschaftlicher Verfolger eben dieser Christen gewesen ist. Sonst wäre er nicht rund um den Erdball gezogen mit seiner Botschaft, beziehungsweise in der Welt unterwegs gewesen, die damals die Welt war.
Ich selber, als ordinierter Pfarrer, sehe in der Kirchengeschichte Augustinus, Martin Luther und Sören Kierkegaard als Christen, die das besondere Anliegen des Apostels in jeweils ihrer Zeit weiter entfaltet haben.
Ich sehe den Zug durch die Jahrhunderte, die Väter und Mütter des Glaubens, unseres Glaubens, wie sie mit dem Geschenk des Glaubens wucherten und nicht kleingläubig umgingen, wie der Ängstliche und Kleingläubige im Gleichnis von den Pfunden, das Jesus erzählt.
Leidenschaft: Was ihm schadet in der Erkenntnis Gottes in Jesus, den er gefunden hat- weg damit! – da kennt er keine Kompromisse. Da wird er radikal. Und deshalb kann er alle Verfolgung, Diskriminierung und Verleumdung, auch innerhalb seiner Kirche und Gemeinde ertragen und dafür leiden. Leidenschaft.-
Es geht um das Leben in der Taufe, in die Christ/Christin hineingetauft werden: In den Tod Christi, damit wir mit Christus auferstehen von den Toten. Es geht um das Leben der von ihm gegründeten Gemeinden. Ja,das ist wirklich jüdisch-christliche Tradition. Paulus ist Jude, der sich von nichts, aber auch von gar nichts abbringen lassen will in der Erkenntnis Gottes. Und damit in der Liebe Christi bleibt, durch die ihm das Leben ja erst neu geschenkt worden ist. Diese Erkenntnis gibt er weiter. In jedem seiner Briefe. Dadurch wird er zum Lehrer der Völker.
Die Offenbarung Christi vor Damaskus gibt ihm die Begeisterung, die ansteckt und sicher auch polarisiert. Sie gibt ihm das gute Gewissen, wenn sie ihn vor die Räte bringen. Gott schenkt ihm die Kraft, Gemeinde Jesu zu bauen. Auch und sogar vom Gefängnis aus, in das ihn die Mächtigen, die Zyniker der Macht bringen.
Er bringt das Evangelium nach Europa, nach Griechenland bis nach Rom.
Er weiß, dass er alles verloren hat: Reichtum, Anerkennung, Akademische Ehren, seinen guten Ruf – weil er mehr gewonnen hat: Christus.
Deshalb kann er mit den Gesetzlichen reden, mit den Juden und Griechen, mit den Libertären, mit den Linken und Rechten. Mit den Starken und Schwachen. Ja, er kann sogar die Falschen Fünfziger akzeptieren, wenn er ohnmächtig im Gefängnis sitzt, wenn nur – auch von denen- der CHRESTOS verkündet wird. – Gott ist größer als unser Herz das weiß.
Übrigens ein Trost für alle, wenn sie an der Kirche oder den Verhältnissen verzweifeln.
Die Taufe in Christus ist es, die uns stark macht. Die uns ein WERDEN bedeutet in der Liebe und der Erkenntnis Gottes. Gemeinde bauen läßt. Die es möglich macht: ein Leben zwischen Kreuz und Auferstehung zu führen im Alltag, in den Kämpfen der Zeit.
Gebet: Danke Gott für alle Zeugen deiner Auferstehung in Jesus Christus, für alle Menschen, die Briefe geworden sind deiner Herrlichkeit und Wahrheit. Wir bitten dich: mache uns zu Salz für deine Erde, wenn es fade um uns herum wird, zu Licht in deiner Welt, wenn die Dunkelheit einzubrechen droht. Amen.
Die Predigt wurde in Vertretung von Pfarrerin Anke Schwedusch-Bishara wirklich gehalten heute am 9. Sonntag in der Trinitatiszeit in der Dorfkirche zu Müggelheim.
Berlin d. 17.08.2025, Michael Wohlfarth