Orthodoxie und Ostkirche

Wenn wir das Wort orthodox benutzen, kann man an sehr Vieles denken.

Orthodoxe Kommunisten vor der Wende waren hartgesottene Leute, die absolut nicht infrage kamen für notwendige Reformen auch in der sozialistischen Gesellschaft.

In der evangelischen deutschen Kirchengeschichte ist orthodox das Jahrhundert nach Luther, vertreten durch Paul Gerhardt, Johann Sebastian Bach, um nur die bekanntesten zu nennen.

Wir können auch sagen strenges Luthertum, dass aber gerade auf musikalischem Gebiet Großes hervorgebracht hat z.B. für unser Gesangbuch.

Und dann eben orthodox, wo es eigentlich herkommt: Das Christentum, wie es aus dem Frühkatholizismus sich herausgebildet hat bis um das Jahr 1000 der Große Knall kam. DAS SCHISMA, dass die Christenheit gespalten hat. In den Osten und den Westen. Rom das Zentrum des Westens: Römisch-Katholisch. Konstantinopel, Hagia Sophia, das Zentrum der Ostkirche, der Orthodoxie.

Nun muss man sich das nicht so vorstellen, also ob nach irgend einem Konzept und Vertrag sich plötzlich zwei sehr verschieden Kirchen gegenüber gestanden haben. Nein, das waren Prozesse, die da abliefen. Die Verträge und so weiter kamen hinterher, leider immer erst dann, wenn es brenzlig wurde und man diplomatisch miteinander umgehen musste. Natürlich war dann auch schließlich immer Macht im Spiel. Einfluss u.s.w.

Am meisten ist mir das klar geworden bei meiner Wanderung auf dem ATHOSGEBIRGE. Ich komme erschöpft in einem Kloster an und bitte den zuständigen Mönch um eine Übernachtungsmöglichkeit, die er mir auch zugesteht. Gastfreundlich umsonst. Und mehr: Sie können gerne zwei Nächte hier bleiben. Ich mag Lutheraner. Ich hatte ihm erzählt, dass ich ein gebrauchter Thüringer Lutheraner sei und jetzt in Berlin lebe. Er hatte in München studiert an einer theologischen Fakultät, wo gleichermaßen lutherische, römisch-katholische und orthodoxe Theologie gelehrt wurde. Gottesgelahrtheit in drei Glaubenssprachen: Gerade weil es ein Glaubensbekenntnis gibt, das wir auch beten in jedem Gottesdienst.

Eine großartige Sache, was die Bayern da machen, dachte ich mir. Ich hatte davon noch nichts gehört.

Also ich blieb zwei Nächte und habe ein bisschen in der Küche geholfen und Bohnen geschnippelt aus eigenem Anbau. Nahe am Meer, an einem sonnigen Hang.

Vor meiner Verabschiedung fragte ich den gastfreundlichen Mönch: Was ist denn nun der Unterschied zwischen Rom und Konstantinopel, Kiew, Moskau, Bulgarien, Rumänien, Griechenland, der Mönchsrepublik, Belarus, dem christlichen Palästina?

Den Christen und Christinnen, die orthodox getauft sind und denen, die römisch getauft sind.

Da hat er mich groß angeschaut und erst einmal gar nichts gesagt.

Aber dann doch: Die einen sind eben lateinisch und die anderen griechisch.

Und das sind wir.

Damit musste ich mich zufrieden geben.

Ja, ja LATEIN, die Sprache der Klarheit, des Denkens, der Kirche, jedenfalls der katholischen und in Folge damit auch der unsrigen, hervorgegangen aus der Reformation. Dem 2. Schisma. Für uns wichtig. Und für die Katholiken. Aber kaum für die Orthodoxie. Für den Osten.

Die Protestanten im Norden haben kein Mittelmeer, hat einmal der Metropolit von Thessaloniki, der zweitgrößten griechischen Stadt, gesagt.

Ihr könnt das alles nicht verstehen.

Ein Journalist der Berliner Zeitung hatte ihn ausgefragt, warum die Leute so religiös seien.

Also: jetzt haben wir erst einmal einen Gegensatz, der uns hilft.

LATEINISCH – GRIECHISCH.

Der Thessalonicher-Brief kann lateinisch gelesen werden. Und er kann griechisch gelesen werden.

Die VULGATA ist lateinisch und KOINE ist sozusagen die Umgangssprache der PAX ROMANA, des römischen Friedensreiches. Weltreiches. Ein Umgangs-Griechisch. Sozusagen das, was heute die englische Sprache als Weltsprache bedeutet. Schließlich ist ja die Kultur der Griechen die Mutter unserer Kultur, damit natürlich auch der römischen. Oder umgekehrt. Jedes römische Haus, das etwas auf sich hielt, hatte griechische Lehrer, die die Kinder unterrichteten. Also Leute, Sklaven aus dem Vorgänger-Reich des Römischen Weltreiches.

Es hängt eben doch Vieles zusammen.

Obwohl es sich so unterschiedlich dargestellt hat bei meinem Gästemönch:

Die sind lateinisch.

Wir sind griechisch.

Er wollte sagen: Wir denken anders.

Pfarrer Jabs ehemals Mahlsdorf, jetzt Schöneweide, erzählt mir nach einem Mittagsgebet, daß er eine Trauung in Griechenland hatte und Kontakt auch zu dem Popen dort, wo er war.

„Wir verändern nichts. Dann wird es nur schlimmer. Ja, wir haben keine Gremien, die laufend darüber befinden, was sich ändern muss. Dann wir es nur noch schlimmer. Jedenfalls nie besser.“

Scheinbar eine Kirchenerfahrung.

Und wie ich meine, auch eine Lebenserfahrung.

Auch eine politische Erfahrung.

Wie wir wissen.

Meine Bauern in Thüringen hätten dazu gesagt: Gut so. Sie machen Ihr Zeug, Herr Pfarrer. Gelt?

Konservativ.

Aber orthodox ist doch noch etwas anderes.

Etwas ganz anderes.

Nicht das Schriftprinzip ist es, was das Volk bewegt. Sondern das Bild. Die IKONE.

Griechisch: EIKON.

JESUS darf berührt werden. JESUS zum Anfassen. Ja, er darf, muss geküsst werden.

Auweia die Hygiene!!!

Ich hatte es erst gar nicht so leicht mit diesen zum Teil unheimlichen Ikonen.

In der Stadt Mariens, der Athosrepublik vorgelagert, gab es herrliche Ikonenmalereien.

Golden. Hell.

Sie geben das BILD CHRISTI WEITER. BILD FÜR BILD. Die Maler. Nie geändert. Immer das EWIG GLEICHE. UND DOCH NEU. IMMER WIEDER NEU. Das ist für mich Protestanten das Eigentliche an der Orthodoxie. Die Tradition ist Malen. Priester sind Maler. Wir haben die Wende begonnen in Altenburg/Thüringen mit der Einladung des Erzpriesters von Leipzig, auch ein Ikonenmaler.

Ein großer Künstler.

Er sprach über Perestroika und Glasnost in der Sowjetunion.

Das hat uns viele Seiten OV – STASI eingebracht.

Wir haben den berühmten Sagorsker Priesterchor eingeladen über die Deutsch-Sowjetische Freundschaft…Wie praktisch die ROK arbeitet, kann sichtbar gemacht werden an der Praxis, wer Pope wird und wer mehr…

Das was die Römische Kirche ausmacht, ihre Jurisdiktion (sehr lateinisch, weltlich, römisch) ist nicht das erste. Sondern das Bild. Verträge sind vielleicht deshalb nicht so ihre Sache. Jedenfalls legen sie sie oft ganz anders aus als wir.

So, das war das Zentrum der Orthodoxie, der Athos Ausgangspunkt im Gegensatz zum Zentrum des Römisch-katholischen Glaubens: Vatikan.

Wir müssen aber noch etwas sagen zur RUS, Kiew, Das Heilige Russland. Das Christentum kam nach Russland über die Meere, die Ströme aufwärts. Es war ein orthodoxes Christentum. KIEW war die Hauptstadt, durch die Mongolenstürme flohen aber dann die Repräsentanten nach Moskau und blieben dort.

Das Russische Reich ist nicht denkbar ohne Christentum und umfasste als Heiliges Russland die Ukraine, Russland und Weißrussland. Wladimir Putins Argumentation nach dem Kommunismus. Nach Lenin und Stalin, Chruschtschov und Breshnew. Ziel Erreichung einer NATION (TAZ).

Die PAX SOVIETIKA ist zusamengebrochen, weil die Ideologie zusammen gebrochen ist. Und die Menschen klammerten sich an die Kirche als einzige übrig gebliebene Größe, die Glasnost und Perestroika nicht weggespült hat.

Im Gegenteil (Dr. Feige, Magdeburg).

Haben die Popen nicht die Flugzeuge geflogen gegen die Wehrmacht, die Panzer gesteuert gegen den Fritzen, die Faschisten, wie die Polit-Kommissare sagten.

Vaterland und Kirche gehören doch zusammen.

Es war eine Erfahrung, die nicht vergessen wurde: Aus dem Sozialistischen System, dass kaum verteidigt werden konnte, ohne Emotion, ohne Bild wurde der Große Vaterländische Krieg, der das Volk zusammen geschweißt hat, wie jeder Krieg. Durch das große Leid!

Jede Gefahr.

Jede Not.

Wenn auch nach dem Sieg fast wieder vergessen, es blieb diese Erinnerung: Ehen wurden nicht mehr so schnell geschieden per Postkarte.

Im Gegenteil: Familie wird GROSS GESCHRIEBEN (Quelle Prof Döpmann, HU Berlin, Ökumenische Theologie, Spezialist für die Orthodoxie).

Kollegen unterwegs in der osteuropäischen Ökumene erzählen, wie das ist vor einem gemalten Christus in der Leitungsreihe mit den orthodoxen Amtsträgern zu sitzen, der auffährt wie ein Adler aus der Höhle des Todes.

Der Auferstandene im Hintergrund.

Als unglaubliche Ikone.

So will Kyrill die Wiederauferstehung der Russischen Nation feiern.

Als Sieg auch gegenüber dem Westen.

Dem verdorbenen protestantischen Westen, den sowieso niemand versteht.

Kyrill bekundet, das er viel besser mit dem ISLAM zurechtkommt – man höre und staune – als mit der doch immerhin artverwandten katholischen RELIGION als mentalem Block.

Das Christentum auf dem Athos kam mir immer sehr asiatisch vor.

Die Gesänge.

Die Musik.

Bei aller Geopolitik sollte man auch einmal einen Blick auch die konfessionelle Weltkarte werfen, um etwaigen Eurozentrismus zu überwinden.

Der sowieso fatal ist.

Oft jedenfalls.

Wegen seines Hochmuts.

Bild ist nicht gleich Liturgie. Erst recht nicht WORT. Wenn wir die orthodoxe Welt verstehen wollen in ihrem kulturellen Anspruch, kommen wir nicht umhin zu sagen, hier droht ein Kulturkampf. Gerade jetzt in dem europäischen Krieg Russland/Ukraine. Wir sollten zurück- kehren zur Diplomatie, zu einer Sprache, die mindestens den Frieden sucht und nicht den Krieg.

Alle Religionen verbindet das Gebet.

Das sollten wir uns leisten wie die Studierenden in München, wenn sie lutherisch, katholisch und orthodox zusammen gebetet haben: Das Gebet der Christenheit.

Danke für die Aufmerksamkeit.

Ergänzung zu Ostkirche – Orthodoxie nach dem 3. Vortrag in Berlin-Müggelheim

Um der intellektuellen Redlichkeit willen folgender Anhang zum Block Ostkirche-Orthodoxie im Frühjahr d. J. 24; anlässlich des ersten Vortrages mit Gespräch in den Gemeinderäumen der Martin – Luther-KAPELLE und dem 2.Vortrag mit Gespräch in St. Nicolai (Kapelle):
Im Sinne des Völkerrechtes ist der Einmarsch der Armee der Russischen Förderation in die Ukraine rechtswidrig Gerade deswegen muss der Konflikt auch von seiner religiösen Seite her beleuchtet werden. Das haben wir getan in unserem BLOG.

Den religiösen Überlegungen muss aber ein politischer Block voran gestellt werden bezw. Aspekte dieser Art nachgetragen werden, die aus den politischen Konsequenzen folgen.

Vor und nach der europäischen Zeitrechnung WENDE/FRIEDLICHE REVOLUTION haben sich u.E. folgende Dinge zugetragen, die hier als Fragen erscheinen sollen.

1. Wer ist der Rechtsnachfolger der Sowjetunion?

2. Wer ist berechtigt die Nuklearwaffen nach dem Zusammenbruch der SU zu übernehmen und

unter welchen Bedingungen.

3. Gilt die Schenkung der KRIM an die Regierung der Ukrainischen Sowjetrepublik nicht nur innerhalb der bestehenden Sowjetunion? Und unter deren Bedingungen?

4. Hätten „die Russen“ nicht nach der Auflösung bezw. während der Auflösung der Sowjetunion ihr Geschenk zurück verlangen können anstatt einen Sonderstatus auszuhandeln mit der Erlaubnis der Weiterführung des Kriegshafens. – Wer ist die Rechtsnachfolgerin?

Als Preis für die Wiedervereinigung Deutschlands hat Genscher zugesagt:Kein Schritt über die Oder, was die NATO angeht. Die Schritte kamen dann aber doch sehr schnell und Gorbatschow wurde von Deutschlands Kanzler Kohl verlockt, darauf einzugehen, lieber die Milliarden in Empfang zu nehmen für die Unterbringung und Integrierung der Armeen auf deutschem Boden in der neuen Heimat RUSSLAND. Die NATO rückte vor, immer weiter bis nach Polen, Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Albanien. Dort gefeiert und willkommen geheißen, am meisten im Baltikum und dort sicher mit einer Berechtigung, an der niemand einfach so vorbei konnte bei aller Friedensliebe und Vorsicht. Eingedenk der Geschichte des Zarenreiches in allen seinen Facetten. Gerade auch für Deutsche ein Punkt in der Geschichte des Ostens jenseits der Weichsel.

ABER DER ANDERE PUNKT ist eben genau der, dass wir eine Verpflichtung haben. Gorbatschow wurde versprochen, dass der Abzug der Sowjetarmee aus der DDR nicht bedeutet, dass die NATO, die dann nachrückt einfach weiter marschiert. Insofern haben wir ein Versprechen abgegeben, um die politische Einheit Deutschlands zu ermöglichen. Und dieses Versprechen ist gebrochen. Oder hat sich Gorbatschow kaufen lassen im Rahmen der Kohlschen Scheck-Diplomatie auf Druck von Bush senior. Jedenfalls hat er sich das Versprechen Genschers nicht „schriftlich“ geben lassen mit Unterschrift und Datum und Ort. Gorbatschow war unser Freund. Ich war in der Russischen Botschaft und habe kondoliert, nachdem das Kondolenzbuch dort ausgelegt und bekannt gegeben worden war. Er war mein Freund, weil mein Sohn auf dem Leipziger Ring war und meine Frau und ich auch – später – als es nicht mehr so brenzlig war. Wir haben gerufen GORBI, GORBI, GORBI – hilf uns. Dass nicht geschossen wird!!! Dachte er, der Westen ist nun auch sein Freund, gerade weil die eigenen Leute ihn vielleicht als zu gutmütig und ungeeignet angesehen haben, um ihre Interessen wirklich zu vertreten.

Lange passierte nichts. Die NATO marschierte. In der Ukraine gab es ein HALT!Sie wollten jetzt die NATO auch haben als Schutzmacht, jedenfalls die LEUTE VOM MEIDAN. Die anderen nicht.

Die Russen nicht. Der Osten. Der WESTEN SCHON. Der rechtmäßig gewählte ukrainische Präsident wurde zum Teufel gejagt. Zu Putin. Und da haben wir nun den Teufel.

Change. Das Zauberwort und die Frage dazu:haben die USA, wie schon oft ausprobiert, Change angewendet, auch in Osteuropa, gerade in der Ukraine.

Ist die Meidan-Revolution streng genommen ein Putsch und keine Revolution, weil der geflohene Präsident mehrheitlich gewählt wurde.

Revolution der Würde. Der Teufel steckt in Detaille. Das ist aber nicht meine Aufgabe, die Detailles zu ermitteln. Also bleibt völkerrechtswidriger Einmarsch 2022. Krieg bis heute. Der europäische Teil der Ukraine hat nun geputscht oder nicht. Es ist der Beginn des Krieges. Später des unerklärten Krieges seitens Russland. Gerechtfertigt mit der Geschichte in Ermangelung des Rechts in unserem Sinne.

Ein jüdischer Rabbi in der Ukraine erklärt das so: Russen und Verträge? Sie haben eine anderes Konzept: Geschichte, Religion, Orthodoxie. Moral. Sie haben zu lange gewartet und geschlafen als es darum ging, einen ordentlichen Vertrag vorzuschlagen. Sie haben das Bild. Nicht die Schrift. Sie glauben ein moralisch-religiöses Recht zu besitzen. Ihr Land das Heilige Russland.

Ein große Problem. Es muss gelöst werden nicht mit Parolen und Phrasen der Freiheit, sondern mit den politischen Mitteln einer Supermacht, die weiß, was sie tut.

Im Interesse Amerikas und der übrigen Welt.

2.Anhang

Als ehemaliger DDR-Bürger muss unbedingt von mir hinzugefügt werden, dass e s in Russland keine Kirchensteuer gibt. Durch Spenden(z.B.Kerzen) wird die Kirche finanziert. Es gibt kein ausgeklügeltes Kirchensteuersystem, aber dafür das Selbstverständnis, dass jeder Russe orthodox ist und getauft sein muss. Das alles entspricht durchaus „griechischer Denkweise und nicht der lateinischen“.

Ebenfalls hinzugefügt: Der DDR-Sozialismus in seiner Symbolik hat große didaktische Anleihen gemacht bei der ruhmreichen Sowjetunion, deren Hintergrund das Bild ist, die Ikone. Die ROK. Die zaristische Kirche.

Veröffentlicht von famwohlfarthtonlinede

Jahrgang 44 Lieblingsbeschäftigung:Schreiben und Predigen.Sehnsuchtsort Ostsee. Wohnort Berlin, Heimat Thüringen. Wenn Du mir schreiben willst, bitte über michael.wohlfarth@t-online.de; https://kaparkona.blog; michael-wohlfarth.jimdo.com; michaelwohlfarth.wordpress.com

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